Zitat: Jetzt die Fragen leben

Rainer Maria Rilke aus einem Brief an Franz Xaver Kappus, 1903

„Wenn Sie sich an die Natur halten, an das Einfache in ihr, an das Kleine,
das kaum einer sieht, und das so unversehens zum Großen und Unermeßlichen werden kann; wenn Sie diese Liebe haben zu dem Geringen und ganz schlicht als ein Dienender das Vertrauen dessen zu gewinnen suchen, was arm scheint: dann wird Ihnen alles leichter, einheitlicher und irgendwie versöhnender werden, nicht im Verstande vielleicht, der staunend zurückbleibt, aber in Ihrem innersten Bewußtsein, Wach-sein und Wissen. Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.“

… In die Antwort hineinleben. Was für ein geiles ‚Konzept‘! Irgendwie mag ich das. Hast Du Dir schon mal überlegt, welche Fragen Dir das Leben stellt? (…)

Und nebenbei: das Zitat umfasst sagenhafte 903 Zeichen und ist somit 763 Zeichen zu laaaaaang für den ‚Microblogging-Dienst‘ Twitter. Tja. Aber vielleicht ist Rilke auch nicht kompatibel mit Tweets. Claus Kleber würde es wohl so tweeten:

„Crazy! Die Fragen sind da. Einfach in die Antworten reinleben. #Rilke #Poesie #Lebenshilfe“